Zustimmung zur Kündigung schwerbehinderter Menschen beantragen
Allgemeine Informationen
Schwerbehinderte Menschen und gleichgestellte behinderte Personen sind vor Kündigungen besonders geschützt. Deshalb müssen Sie die Zustimmung des Integrationsamtes (in Bayern und Nordrhein-Westfalen: Inklusionsamt) einholen, bevor Sie die Kündigung aussprechen.
In Schleswig-Holstein hat das Integrationsamt diese Aufgabe an die zuständigen Fürsorgestellen nach dem Schwerbehindertenrecht der jeweiligen Kreise und kreisfreien Städte abgegeben.
Die Zustimmung ist unabhängig vom Grund der beabsichtigten Kündigung (personen-, betriebs- oder verhaltensbedingt) erforderlich. Der Sonderkündigungsschutz gilt auch unabhängig davon, wie groß Ihr Betrieb ist.
Die Zustimmung der Fürsorgestelle brauchen Sie bei allen Arten von Kündigungen, also bei:
- ordentlichen Kündigungen,
- außerordentlichen (fristlosen) Kündigungen sowie
- Änderungskündigungen.
Neben dem eigentlichen Kündigungsgrund berücksichtigt die Fürsorgestelle bei ihrer Entscheidung im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen erforderlichen Abwägung der gegenseitigen Interessen beispielsweise:
- Größe und wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers und
- Erfüllung der Beschäftigungspflicht
sowie:
- Art und Schwere der Behinderung,
- Alter,
- persönliche Verhältnisse des schwerbehinderten Menschen,
- die Dauer der Betriebszugehörigkeit und
- seine Chancen, bei einer etwaigen Entlassung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen anderen Arbeitsplatz zu finden.
Insbesondere bei personen- und verhaltensbedingten Kündigungen wird im Kündigungsschutzverfahren geklärt, was der Betrieb beziehungsweise die Dienststelle sowie das betriebliche Integrationsteam zur Abwendung der Kündigung im Vorfeld getan haben und ob gegebenenfalls Maßnahmen im Rahmen der Prävention veranlasst wurden.
Bei außerordentlichen (fristlosen) Kündigungen prüft die Fürsorgestelle, ob die Kündigung im Zusammenhang mit der Schwerbehinderung steht. Wenn das nicht der Fall ist, stimmt sie der Kündigung zu und eröffnet so den Gang zum Arbeitsgericht.
Eine Kündigung, die Sie ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung (soweit im Betrieb vorhanden) aussprechen, ist unwirksam.
Eine ohne vorherige Zustimmung der Fürsorgestelle ausgesprochene Kündigung ist ebenfalls unwirksam. Sie kann auch nicht nachträglich durch die Fürsorgestelle genehmigt werden.
Sie brauchen nur dann keine Zustimmung, wenn der oder die schwerbehinderte Beschäftigte:
- selbst kündigt,
- weniger als 6 Monate in Ihrem Betrieb arbeitet,
- das 58. Lebensjahr vollendet hat und einen Anspruch auf eine Abfindung oder ähnliche Leistung hat,
- bei Kündigung aus Witterungsgründen, wenn seitens des Arbeitsgeber eine verbindliche Wiedereinstellungszusage gegeben wird,
- wenn zum Zeitpunkt der Kündigung der Status als schwerbehinderter Menschen nicht von den dafür zuständigen Behörden festgestellt werden konnte oder
- das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung, zum Beispiel durch einen Aufhebungsvertrag beendet wird.
Verfahrensablauf
Die Zustimmung zur Kündigung eines schwerbehinderten Menschen müssen Sie schriftlich beantragen:
- Kontaktieren Sie Ihre zuständige Fürsorgestelle nach dem Schwerbehindertenrecht, um das Antragsformular auf Zustimmung zur Kündigung zu erhalten. Füllen Sie dieses vollständig aus und senden Sie es mit den erforderlichen Unterlagen zurück.
- Nach Erhalt des Antrags auf Zustimmung zur Kündigung prüft die Fürsorgestelle den Sachverhalt. Dazu hört es den schwerbehinderten Menschen an und holt die Stellungnahme des Betriebs- oder Personalrates und der Schwerbehindertenvertretung ein.
- Tipp: Sie können im Vorfeld bereits selbst die Stellungnahme des Betriebs- oder Personalrates und der Schwerbehindertenvertretung einholen und Ihrem Antrag hinzufügen.
- Falls erforderlich, schaltet die Fürsorgestelle auch Fachkräfte ein (zum Beispiel den Integrationsfachdienst oder den Technischen Beratungsdienst) und holt weitere Stellungnahmen und Gutachten ein. Zur Sachverhaltsaufklärung kann sie auch Zeugenvernehmungen durchführen.
- Die Fürsorgestelle ist verpflichtet, in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Das kann besonders gut in einer mündlichen Verhandlung mit allen Beteiligten geschehen.
- Im Rahmen einer gütlichen Einigung kann die Fürsorgestelle auch Leistungen der Begleitenden Hilfe im Arbeitsleben aus Mitteln der Ausgleichsabgabe anbieten, zum Beispiel zur behinderungsgerechten Arbeitsplatzgestaltung oder zum Ausgleich außergewöhnlicher Belastungen, die mit der Beschäftigung des schwerbehinderten Menschen verbunden sein können.
- Kommt eine gütliche Einigung nicht zustande, trifft die Fürsorgestelle nach pflichtgemäßem Ermessen und Abwägung der gegenseitigen Interessen der beiden Parteien eine Entscheidung über den Antrag. Bei Kündigungen in Zusammenhang mit Betriebseinstellungen, wesentlichen Betriebseinschränkungen und Insolvenzen gelten Sonderregelungen.
- Die Fürsorgestelle erlässt dazu einen Kündigungsbescheid, der adressiert ist an Sie als Antragsteller und gleichzeitig an den Beschäftigten als Verfahrensbeteiligten. Der Bescheid enthält neben der Entscheidung eine ausführliche Begründung und einen Rechtsbehelf.
Zuständige Stelle
Ihre jeweilige Fürsorgestelle nach dem Schwerbehindertenrecht
Voraussetzungen
- Anerkennung als schwerbehinderter Mensch: es muss vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 festgestellt worden sein.
- Gleichstellung: bei einem Grad der Behinderung von 30 oder 40 muss die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen von der Agentur für Arbeit erteilt worden sein.
Welche Unterlagen werden benötigt?
- Schwerbehindertenausweis
- Anerkennungsbescheid des Versorgungsamtes über die Schwerbehinderung (wird von der Fürsorgestelle bei Beschäftigten angefordert. Der Arbeitgeber hat keinen Anspruch auf dieses Dokument)
- Gleichstellungsbescheid der Agentur für Arbeit
- Tätigkeitsbeschreibung
- ausführliche Begründung der Kündigungsabsicht
Welche Gebühren fallen an?
keine
Welche Fristen muss ich beachten?
- Zustimmung zur außerordentlichen (fristlosen) Kündigung: Sie müssen unverzüglich nach Zustimmung der Fürsorgestelle die Kündigung aussprechen. Unverzüglich meint hier innerhalb von 3 Werkstagen. Versäumen Sie diese Frist, ist die Zustimmung der Fürsorgestelle hinfällig. Sie können dann nur noch ein neues ordentliches Kündigungsverfahren anstreben.
- Zustimmung zur ordentlichen Kündigung: Sie müssen nach Zugang der Zustimmung der Fürsorgestelle die Kündigung innerhalb eines Monats aussprechen. Danach erlischt die Zustimmung zu Kündigung. Sie können dann nur noch ein neues ordentliches Kündigungsverfahren anstreben.
Bearbeitungsdauer
- Zustimmung zur außerordentlichen (fristlosen) Kündigung: Entscheidung der Fürsorgestelle innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang. Erfolgt innerhalb dieser Frist keine Entscheidung durch die Fürsorgestelle, gilt die Zustimmung als erteilt.
- Zustimmung zur ordentlichen Kündigung: Entscheidung der Fürsorgestelle innerhalb eines Monats, wenn der Fürsorgestelle alle Informationen vorliegen, die es benötigt, um eine rechtssichere Entscheidung treffen zu können. Im Mittel beträgt die Bearbeitungsdauer bundesweit 7 Wochen.
Rechtsgrundlage
Anträge / Formulare
Formulare: das Antragsformular erhalten Sie bei Ihrer zuständigen Fürsorgestelle
Onlineverfahren möglich: nein
Schriftform erforderlich: ja
Persönliches Erscheinen nötig: nein
Fachlich freigegeben durch
Fachlich freigegeben am
Online-Dienste
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