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Das Eutiner Schloss

Eutin hat den Charakter einer kleinen Residenz bewahrt. Wie kein anderer ehemaliger Sitz der Landesherrschaft in Schleswig-Holstein waren Schloss und Stadt von ihrer Gründung im hohen Mittelalter an bis 1918 dauernd in dieser Funktion miteinander verbunden. Eingebettet in die liebliche Hügel- und Seenlandschaft Ostholsteins bilden das Wasserschloss mit seinem am Ufer des grossen Eutiner Sees hingezogenen Park und der alte Stadtkern mit zentralem Markt und Kirche einen städtebaulichen Zusammenhang, in dem noch die planmässige Gründungsleistung der Bischöfe von Lübeck erkennbar ist.
Die lang andauernde klassizistische Bautraditon, in der das Stadtbild ausgeformt wurde, verweist auf die kulturelle Glanzzeit Eutins vor und nach 1800, als die Residenz ein Sammelbecken der geistigen Strömungen der Zeit war. In der Neugestaltung des Barockgartens als Landschaftspark Ende des 18. Jahrhunderts schuf sich das philantrope Denken der Aufklärung das wichtigste Denkmal in Schleswig-Holstein. Das durch Umbauten im Spätbarock geprägte Schloss, seit Beginn des 19. Jahrhunderts Residenz und später Sommersitz der Herzöge von Oldenburg, wurde 1918 der Öffentlichkeit zur Besichtigung geöffnet und wird seither mit seiner überlieferten Einrichtung in der Form einer Stiftung als Schlossmuseum erhalten.

Die ehemalige Residenzstadt liegt auf einer flachen Geländeerhebung zwischen Grossem und Kleinem Eutiner See. Sumpfige Niederungen ergänzten einst die natürliche Schutzlage und gestatteten nur einen Zugang nur von Süden über die breite Lübecker Straße. Diese tangiert den in der Mitte der Geländekuppe angelegten trapezförmigen Markt mit dem dahinter liegenden Kirchhof und führt geradewegs zum Schlossbereich, der sich im Nordosten auf einer Halbinsel in den Grossen Eutiner See hineinschiebt. An ihrem Ende liegt die Vierflügelanlage des Schlosses. Nach Süden erstreckt sich um eine Bucht des See der ausgedehnte Landschaftspark. Das Stadtgefüge und die Lage des Schlosses überliefern eine Plananlage des frühen 13. Jahrhunderts. Reste der Burg der Stadtherren, der Bischöfe von Lübeck, sind noch im Schloss enthalten. Es war ursprünglich von der Stadt durch einen doppelten Graben getrennt. Ein Aufschwung der Stadt fand nach Verleihung der Stadtrechte 1257 und mit der Verlegung des Wohnsitzes der Lübecker Bischöfe nach Eutin um 1300 statt. Erst mit den Umbauten nach dem verheerenden Stadtbrand 1689 erfolgte eine Öffnung des Schlossbezirks zur Stadt hin, das äussere Grabensystem wurde aufgegeben, der Schlossgarten auf dem inzwischen trockengelegten Sumpfgelände angelegt. Seit dem frühen 19. Jahrhundert bildet ein klassizistischer Vorplatz, der von Gebäuden der Hofhaltung (heute Kreisbibliothek, Eutiner Landesbibliothek und Ostholsteinmuseum) regelmässig eingefasst wird, den Zugang.

Eindrucksvoll ist das Gegenüber von Schloss und Kirche, die auf die Gründungszeit Eutins zurückgeht und neben der Funktion der Stadtpfarrkiche zugleich bischöfliche Kollegiatskirche war. Der Kirchhof ist, wie in mittelalterlichen Städten üblich, umbaut und besonders gegen den Markt durch eine Häuserzeile abgeriegelt. An der zum Schloss führenden Hauptstrasse lagen auf der der Stadt abgewandten Seite die Wohnsitze der Herren des Lübecker Domkapitels, die später vom Hofadel übernommen und zumeist klassizistisch erneuert wurden. Am alten Stadtzugang befindet sich das einst unmittelbar hinter dem Lübecker Tor gelegene ehemalige St.-Georgs-Hospital (heute Stadtverwaltung).

Die Anfänge des Eutiner Schlosses liegen im Dunkeln. Dem Nachfolger des ersten Bischofs Vicelin des Bistums Lübeck, Bischof Gerold (reg. 1154/55-1163/64), gelang es, in Eutin Fuss zu fassen. Dank guter Beziehungen zum Lehnsherrn Heinrich dem Löwen glückte es ihm, einen ersten Grundbesitz in Eutin zu erhalten. Unter Gerold soll, der Überlieferung nach, bereits ein bescheidenes Haus gebaut worden sein.

Erst unter einem seiner Nachfolger, Bischof Johann von Tralau (reg. 1260-1276), erhielt Eutin Stadtrechte. Das Bistum Lübeck entwickelte sich zu einem kleinen Territorialstaat, wie er letztlich bis in unser Jahrhundert bestehen sollte. Johann legte den Grundstock für die spätere Burg- und Schlossanlage, indem er ein massives, steinernes Haus anlegen liess, dessen Kern noch heute in den mächtigen Mauern des Ostflügels des Schlosses steckt. Direkt südlich davon errichtete sein Nachfolger im Bischofsamt Burkhard von Serckem (reg. 1276-1317) eine erste Kapelle, geweiht 1293, die in den darauffolgenden Jahrhunderten - ein erstes Mal bereits 1387/88 - immer wieder erneuert werden sollte.

Die Regierungszeit Burkhards war von tiefreichenden Auseinandersetzungen mit der Lübecker Bürgerschaft gekennzeichnet, so dass sich der Bischof genötigt sah, 1299 aus Lübeck zu fliehen und nach Eutin überzusiedeln. Es gelang ihm, in Eutin vier Kanonikate einzurichten, aus denen sich 1309 mit Einverständnis der Lübecker Domgeistlichen ein Kollegiatstift entwickelte. Die Eutiner Stadtkirche wurde Kollegiatskirche und erhielt einen grossen Chor-neubau für die neuen Chorherren, die allerdings weiterhin dem Lübecker Domkapitel angehören mussten. Seit Beginn des 14. Jahrhunderts war Eutin damit Sitz der Lübecker Bischöfe (bis 1803).

Im Vertrag von 1272 (der Bestätigung des Stadtrechts durch die Bischöfe) war festgelegt worden, dass Eutin ohne Befestigungen zu bleiben hatte - so dass es in Eutin nie Stadtmauern oder Stadtore gab. Erst Bischof Johannes Muel (reg. 1341/43-1350) gelang es, dieses Verbot zu lockern. Mit ausdrücklicher Genehmigung der holsteinischen Grafen durfte er den noch heute erhaltenen Wassergraben um das Schloss legen, der die Vorburg von der Hauptburg trennte. Erst hundert Jahre später, unter Bischof Nikolaus Sachau (reg. 1439-1449), wurde ein gewölbtes Tor in einem kleinen Torturm errichtet, dessen Reste sich in dem mächtigen Torturm des 18. Jahrhunderts erhalten haben. Etwa zu dieser Zeit muss auch der nördliche Westflügel mit seinen äusserst dicken Mauern zur Stadtseite errichtet worden sein. Die Burg bestand damals aus einer Ansammlung einzelner Gebäude, die sich locker um einen Hof gruppierten. Mit dem Ausbau einer Wehrmauer und der Errichtung des mächtigen Rundturms im Südwesten unter Albert von Krummendiek (reg. 1466-1489) kam die Befestigung der Burganlage auf der Stadtseite zu einem gewissen Abschluss.

Die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts ist gekennzeichnet von zahlreichen Fehden, Auseinandersetzungen und Besetzungen vor allem im Zusammenhang mit der Einführung der Reformation im Lübecker Bistum, die sich erst 1577 endgültig durchsetzte. Die Eutiner Burg war ziemlich verwahrlost, als Bischof Johann Tiedemann (reg. 1559-1561), der erste verheiratete evangelische Bischof von Lübeck, die Regierung übernahm und mit dem bescheidenen Wiederaufbau begann, den vor allem sein Nachfolger Eberhard von Holle (reg. 1561-1586) mit dem Umbau der Kapelle zur Schlosskirche mit Kanzel, des Torturms und dem Ausbau des Nordflügels fortsetzte.

Das Jahr 1586 bedeutet einen Einschnitt in der Geschichte des Bistums und damit des Schlosses in Eutin, eng verknüpft mit der grossen Landesgeschichte (vgl. Schloss Gottorf in Schleswig). Mit der Teilung des Landes in königlich und herzoglich regierte Teile gelangte Herzog Adolf von Schleswig-Holstein-Gottorf (reg. 1544-1586), Bruder des dänischen Königs Christian III., auf den schleswiger Thron. Ihm gelang es kurz vor seinem Tod in dem sofort entbrennenden Streit mit dem dänischen Königshaus um das Lübecker Bischofsamt das Bistum für einen seiner jüngeren Söhne zu sichern. Mit dem erst 11jährigen Johann Adolf Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorf (reg. 1586-1607) gelangte der erste Gottorfer auf den Lübecker Thron. Das Lübecker Domkapitel, dem dies nicht ungelegen kam, konnte immerhin erreichen, dass keine direkte Erbfolge eintrat, sondern sein Wahlrecht bewahrt blieb. So wurde nach Johann Adolf sein jüngerer Bruder Johann Friedrich (reg. 1607-1634) und dann dessen Neffe Hans (reg. 1634-1655) gewählt. Weiteres einschneidendes Ereignis für Eutin war ein Vertrag von 1647. Mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges hatte das Lübecker Bistum mit Gottorfer Hilfe seine Eigenständigkeit bewahren können, musste aber den weltlichen Herren zugestehen, nacheinander sechs weitere Bischöfe aus dem Hause Gottorf zu wählen, was bis zur Aufhebung des Bistums und der Umwandlung in ein weltliches und damit erbliches Fürstentum Lübeck 1803 dauern sollte. Da Dänemark weiterhin Anspruch auf den Thron erhob, waren weitere Streitigkeiten vorprogrammiert, die letztlich in der Besetzung des Schlosses in Eutin 1705 gipfelten.

Unter den Gottorfer Herzögen auf dem Lübecker Bischofsthron entwickelte sich die noch mittelalterlich geprägte Burg in Eutin rasch zu einer Nebenresidenz von Schloss Gottorf in Schleswig. Unter Johann Adolf wurde der eckige Nordwestturm um 1600 angefügt, der Torturm erweitert und ausgebaut, unter seinem Bruder der Nordflügel komplett umgebaut und ein neues Treppenhaus mit dem ältesten, noch erhaltenen Portal von 1616 eingefügt.

Waren bis in die 1630er Jahre die Wohn- und Arbeiträume im Ost- und nördlichen Westflügel untergebracht, war es nun - nach Trockenlegung des sumpfigen Geländes im Süden und nach Anlage der ersten Gärten in diesem Bereich - möglich und erwünscht, in den attraktiveren, sonnigen Südflügel umzuziehen. Nach modernsten, vom französischen Schlossbau geprägten Wohnvorstellungen wurden um den mächtigen Rundturm im Südwesten Wohnappartements in den beiden Hauptgeschossen errichtet, jeweils mit Vorzimmer, Audienzsaal, Wohn- und Schlaf-räumen und Nebenkabinetten. Die anderen Bauten des Schlosses wurden zum Teil aufwendig renoviert, stuckiert, ausgemalt und mit Möbeln ausgestattet sowie die Schlosskirche umgebaut und 1641 geweiht. Mit der Schliessung der letzten Baulücke zwischen Rundturm und Torturm entstand die heute noch vorhandene geschlossene repräsentative Vierflügelanlage des Schlosses. Mit Fürstbischof August Friedrich (reg. 1666-1705) begann eine erste höfische Glanzzeit, bis am 27. Oktober 1689 ein verheerender Brand das Schloss vollständig in Schutt und Asche legte. Der Brand hatte nicht nur sämtliches Inventar vernichtet, sondern auch weitgehend die Deckenbalken zerstört. Die Schlosskirche wurde beim Wiederaufbau komplett erneuert und vergrössert und erhielt ihre heute noch erhaltene Gestalt, geweiht 1694, der Rundturm 1698 seine charakteristische, kupfergedeckte Haube.

Mit dem Regierungsantritt Fürstbischof Christian Augusts (reg. 1705-1726) wurde ein tiefgreifender Umbau unter der Bauleitung und nach Entwürfen des schwedischen Architekten Rudolph Matthias Dallin eingeleitet, der von etwa 1716 bis 1726/27 dauerte. Die noch in mittelalterlicher Manier von Aussenwand zu Aussenwand reichenden Räume und Säle wurden jeweils auf der Hofseite verkürzt und umlaufend lange Erschliessungsgänge, sog. Galerien, eingefügt. Der Rittersaal im Norden wurde vergrössert, zwei Flügel des Schlosses wurden aufgestockt und der Torturm in seiner heutigen Gestalt ausgebaut. Im Inneren wurden die repräsentativen Räume aufwendig stuckiert und möbliert. Das Schloss erhielt seine heutige Gestalt. Lediglich eine Aufstockung auch des Ost- und Nordflügels in den 1830er Jahren veränderte noch einmal sein äusseres Erscheinungsbild. Im Zusammenhang mit der Krönung Fürstbischof Adolf Friedrichs (reg. 1727-1750) im Jahre 1751 zum schwedischen König erschien Schloss Eutin auf einer Folge von repräsentativen Kupferstichen, die uns eine Vorstellung der Residenz und des Gartens vermitteln.
Durch verschiedene Austauschverträge im Zusammenhang mit russisch-dänischen Auseinandersetzungen und Erbstreitigkeiten, wurden 1773 die Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst an die Eutiner Linie der Gottorfer Herzöge übertragen. Nach der Auflösung des Lübecker Fürstbistums 1803 waren die inzwischen zu Herzögen von Oldenburg aufgestiegenen Eutiner aus dem Hause Gottorf zu erblichen Fürsten von Lübeck geworden damit setzte eine Erbfolge ein, die bis heute andauert. Erst Peter Friedrich Ludwig (reg. 1785-1829) konnte ab 1815 den Titel eines Grossherzogs führen. Sein Verdienst ist - neben der Umwandlung des Barockgartens in einen Landschaftsgarten - vor allem die Berufung zahlreicher Gelehrter an den Eutiner Hof, so dass Eutin den Ruf des Weimars des Nordens erhielt. Unter seinem Sohn Paul Friedrich August (reg. 1829-1853) wurde der begonne Umbau des gesamte Schlossbezirks vollendet. Mit dem Umzug nach Oldenburg/Old. hatte Eutin aber nunmehr lediglich die Funktion einer Sommerresidenz. Seit 1992 sind das Schloss mit seinem Inventar und der Schlossgarten in den Händen einer Stiftung, die es als Museum betreiben.

Das Eutiner Schloss ist eine dreigeschossige Vierflügelanlage in breitem Hausgraben, ein ungegliederter Backsteinbau, auf der Hofseite verputzt. Der Silhouette des stadtseitigen Westflügels wird vom mächtigen Torturm und den beiden seitlichen Türmen beherrscht. Die vier Flügel des Schlosses hatten mit ihren Räumen unterschiedliche Funktionen: Im Südflügel und im südlichen Westflügel lagen in beiden Geschossen die repräsentativen Empfangs- und Wohnräume der Fürstbischöfe und der herzoglichen Familie, im nördlichen Westflügel waren im Erdgeschoss Versorgungs- und Vorratsräume und Zimmer der Dienerschaft und der Schlosswachen, im Obergeschoss Gesellschaftszimmer und Speisesaal, im westlichen Nordflügel im Erdgeschoss Küchen, Vorrats-, Wäsche- und Silberkammern, darüber der grosse Tanz- oder Rittersaal, östlich des kleinen Treppenhauses befanden sich die Wohnräume der Prinzen mit ihrer Dienerschaft (ehemals waren hier Burgstube und kleiner Tanzsaal untergebracht). Im Ostflügel befanden sich im Erdgeschoss die Räume für die bischöfliche Verwaltung, darüber die Gäste- und Fremdenzimmer und verschiedene Schlafzimmer. Die Bibliothek lag im Nordwestturm, während das gesamte zweite Obergeschoss der Dienerschaft und den Prinzessinnen vorbehalten war. Bis auf den Süd- und Südwestflügel sind die Räume wegen noch andauernder Restaurierung zur Zeit nicht zu besichtigen.

Im Innenhof können die verschiedenen Bauabschnitte lediglich an den unterschiedlichen Portalen abgelesen werden. Im Nordflügel sitzt ein rundbogiges Kalksteinportal mit Masken, Voluten, Wappen und Datum 1616. Das gleichzeitig eingebaute Treppenhaus - nach dem Vorbild der italienischen Schachttreppe im Gottorfer Nordflügel - zeigt steigende Tonnen, die reich beschnitzte Balkenköpfe sichtbar lassen, Reste der hier um 1500 eingebauten, sich ehemals nach Osten erstreckenden Burgstube. Am Südflügel sitzt im Westen ein reich ornamentiertes Portal mit Knorpelwerk und einem von Löwen gehaltenen Wappen um 1640/50. Gleichzeitig ist der Aufsatz des jüngeren Portals im Ostflügel, das Freimauererzeichen zeigt. Den Umbaubeginn des frühen 18. Jahrhunderts belegt ein schlichtes Portal im Nordwesten von 1717, etwas später das grosse Hauptportal im Südflügel, gerahmt von dorischen Pilastern, das zum Haupttreppenhaus führt. In den kleinen Giebeln der Fenster zum Hof sitzen kleine, zweitverwendete Köpfe und Knorpelwerkmasken aus Sandstein und Stuckgips. In den östlichen Hofecken führen kleine aufgeständerte Verbindungsgalerien um repräsentative Räume in den Gebäudeecken herum.

Im Inneren wurden die Räume im Südflügel des erste und zweiten Geschosses weitgehend zwischen 1717 und 1726/27 nach Plänen des Hofbaumeisters Dallin neu angelegt und ausgestattet. Die Stukkaturen an den Decken, Supraporten, Kaminrisaliten und Ofennischen von italienischen Wanderstukkateuren gehören zu dem Qualitätvollsten im Lande und geben einen Überblick über das Formenrepertoire der 1720er Jahre. Die Fürstenappartements im Südflügel und südlichen Westflügel liegen in beiden Geschossen in gleicher Raumfolge übereinander. Die am besten erhaltenen Wohnräume der Fürstbischöfin befinden sich im Obergeschoss: sie werden über eine breite Haupttreppe im Südflügel erschlossen: zwei Vorzimmer - davon das zweite mit kräftiger, halbplastischer Stuckdecke, das sog. Strackzimmer mit Supraporten des Eutiner Hofmalers Ludwig Philipp Strack -, ein Audienzzimmer - der sog. Rote Salon mit Seidentapeten aus einer Versailler Werkstatt um 1740 -, ein kleines Kabinett im Rundturm mit einem runden Deckengemälde von Amor und Psyche in flachem, kurvigem Stuck, und schliesslich der sog. Europasaal, das Wohn- und Schlafzimmer der Fürsbischöfin. Die frühe Stuckdecke um 1720/21 zeigt eine kräftige ornamentale Scheinarchitektur nach Vorlagen von Carl Maria Pozzi und gelagerte allegorischen Hochrelieffiguren der damals bekannten vier Erdteile, ein Werk des nur in Rechnungen belegbaren Carlo Enrico Brenno. Im Mittelspiegel befindet sich ein querovales Gemälde mit der Darstellung des Raubs der Europa auf dem Stier. Zum Europasaal gehört ein weiteres Nebengemach, die Garderobe, ein kleiner Raum mit zarter grüner Tapete und einem von Hermen getragenen Stuckbaldachin mit eisernem Pyramidenofen. Im Torturm direkt daneben befindet sich eine kleine, bemerkenswerte K ü c h e der Herzogin, die Wände vollständig mit holländischen Fliesen bedeckt, um 1720.

Der Ostflügel enthält im Obergeschoss die Gästeappartement für die königliche Verwandtschaft. Zentrum ist der quadratische sog. Gelbe Salon im Winkel zwischen Nord- und Ostflügel, symmetrisch gegliedert mit vier Türen und Stucksopraporten, Ofenrisalit mit klassizistischem Ofen und Deckenstuck aus geschwungenem Rahmenwerk der 1720er Jahre. Ähnlich stuckiert sind die beiden anschliessenden Räume, im Gobelin-Zimmer eine gewirkte Wandbespannung mit Parklandschaften mit Figurenstaffage aus einer Versailler Werkstatt um 1750. Hauptraum des Nordflügels ist der grosse Rittersaal mit seinen stuckierten Kaminrisaliten, um 1843/45 erhöht. Dabei wurden in die schlichte Stuckdecke zwei Rundbilder mit der allegorischen Verherrlichung des Fürstbischofs Christian August übernommen. Die Fenster zum Hof werden durch grossformatige Staatsporträts verdeckt. Im noch von seinen Raumproportionen mittelalterlich geprägten und durch eine alte Kaminwand getrennten Westflügel befinden sich das sog. Gottorf-Zimmer mit seiner Ausstattung aus dem späten 18. Jahrhundert, ein Gesellschaftssalon mit einer Blumentapete um 1830 und ein Speisezimmer im nordwestlichen Eckturm mit Wandschränken und Porzellanregalen des späten 18. Jahrhunderts. Von den Kücheneinrichtungen ist nichts erhalten.

Das Schloss beherbergt kostbares Mobiliar des 18. und 19. Jahrhunderts und die grösste Porträtsammlung Norddeutschlands, zum Teil zeitgenössische Repliken. Die Porträts geben ein Zeugnis von der weitverzweigten Verwandschaft des Gottorfer Fürstenhauses. Erwähnenswert sind ausserdem die zahlreichen, zum Teil grossformatigen Gemälde Johann Friedrich Wilhelm Tischbeins, die zahlreichen Tischbeinöfen des frühen 19. Jahrhunderts und die fünf Schiffsmodelle des frühen 18. Jahrhunderts wohl russischer Herkunft.

Die Schlosskirche sitzt im Winkel zwischen Ost- und Südflügel über einem gewölbtem Keller, seit dem frühen Mittelalter mehrfach erneuert und umgebaut, zuletzt nach dem grossen Brand 1689-1694. Sie ist ein längsrechteckiger, über zwei Geschosse reichender Raum mit umlaufender Holzempore, auf der im Osten über dem Altar die Fürstenloge mit geschnitzten Apostelfiguren auf dem Akanthuskamm liegt. Der Altaraufsatz ist eine Gemälde nach Rembrandts Radierung der Kreuzabnahme von 1632 in überaus reich geschnitztem Akanthusrahmen, wahrscheinlich von Theodor Allers. Im spühend lebendigen, stark unterschnittenen Laubwerk erscheinen Putten, Evangelistenbüsten und die Leidenswerkzeuge Christi. An der Südseite der Kirche befindet sich die kleine Kanzel, auf der Westempore ein gutes Orgelwerk von Arp Schnitger 1750.

Der etwas seitliche Versatz der Gebäude auf dem Schlossvorplatz erklärt sich mit beabsichtigten Neubauplänen des gesamten Schlosses zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Seit 1820 bestanden Pläne zur klassizistischen Neugestaltung des Vorbereichs, verwirklicht dann unter Aufgabe älterer Gebäude bis 1840 durch die Architekten Johann Friedrich Limpricht und Ludwig Philipp Strack. Im Süden liegt die neue Wagenremise (heute Kreisbibliothek), im Norden der neue Marstall (heute Ostholsteinmuseum) mit nach Norden zum See hin rechtwinklig anschliessendem Reitstall (heute Gastronomie). Die langgestreckten anderthalbgeschossigen Putzbauten mit flachen Walmdächern, angedeuteten Eckrisaliten und Rundbogentoren in den mittleren Abschnitten bilden die seitliche Begrenzung eines nahezu quadratischen Platzes. Am Kopfende steht das zweigeschossige Kavaliershaus. Der verputzte Breitbau mit niedrigem Walmdach, rustiziertem Erdgeschoss und angedeuteten Seitenrisaliten beherbergt heute die bedeutende Sammlung der Eutiner Landesbibliothek, die ihr Entstehen der ehemaligen Fürstbischöflichen Bibliothek zu verdanken hat.

Der besondere Charakter Eutins wird geprägt durch den Schlossgarten, der die liebliche landschaftliche Lage der Residenzstadt am Grossen Eutiner See höchst eindrucksvoll und beziehungsreich gestaltet. Die Anfänge der Gartenkunst in Eutin liegen im ausgehenden Mittelalter. Der erste Schlossgarten wurde vermutlich durch den als Arzt tätigen Bischof Heinrich II. von Bockholt (reg. 1317-1341) als ummauerter "hortus medicus" (Gewürz- und Kräutergarten) angelegt. Ein Lustgarten ist erst seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert nachzuweisen. Er entwickelte sich zunächst als Winkelgarten an drei Seiten um den Wassergraben des Schlosses. Für die fürstliche Jagd entstand ein kleiner "Thiergarten".

Ihren ersten überregional bedeutsamen Höhepunkt erreichte die höfische Gartenkultur in Eutin unter Fürstbischof Christian August (reg. 1705-1726). Der prachtvolle Barockgarten, eine von dem Gartenarchitekten Johann Christian Lewon geschaffene weitläufige Anlage, ist in einem grossen, repräsentativen Kupferstichwerk von 1743 überliefert. Sie erstreckte sich, ausgehend vom Südparterre des alten Gartens, parallel zur Bucht des Grossen Eutiner Sees bis an die Oldenburger Landstraße. Die lange Hauptachse zielte auf einen über Terrassen gelegenen Pavillon als abschliessenden "point de vue". Dieser war zugleich Bezugspunkt für einen ebenfalls axial angelegten Nutzgarten auf der anderen Seite der Bucht mit dem hier bis heute erhaltenen Bauhof des Schlosses.

Diese zweischenkelige Anlage liess Herzog Peter Friedrich Ludwig ab 1788 als Landschaftsgarten neu gestaltet, wobei er Grundzüge des Barockgartens (z.B. die Geländemodellierung, Teiche und Gewässer) uminterpretierte und den Eutiner See mit der Fasaneninsel als wichtiges Wirkungselement einbezog. Seine Kenntnisse der neuen Gartenkunst hatte er auf einer anderthalbjährigen Englandreise (1775/76) gewonnen, die ihn zu den berühmtesten Gartenanlagen der Insel führte. Der neue Garten wurde von den beiden Hofgärtnern Alexander Schremm und Daniel Rastedt realisiert. Für die Bauten zog der Herzog den dänischen Landbaumeister Christian Frederik Hansen und seinen Hofarchitekten Peter Richter heran.

In Eutin entstand ein Landschaftsgarten als Kunstwerk. In hierzulande einzigartiger Weise wurden auf verhältnismässig kleinem Raum in dichter, differenzierter Gestaltung die Ausdrucksmöglichkeiten des reifen englischen Landschaftsgartens genutzt und in den Dienst der Darstellung einer persönlich geprägten moralischen Lebenssicht gestellt. Der Garten wird als Folge inszenierter Landschaftsbilder erlebt, die unterschiedliche Stimmungen und Gedanken hervorrufen. Durch die Wegeführung stehen sie in einem inhaltlichen Zusammenhang. Dargestellt ist ein symbolischer Lebensweg, eine Lebensreise. Auf diesem Weg setzten Gartenarchitekturen - errichtet von den Architekten Christian Frederik Hansen, Johann Paul Heumann und Peter Richter - bedeutungsvolle Akzente. Am Anfang steht der Seepavillon. Die Einfachheit seiner Bauweise und das Urgestein Granit als Baumaterial weisen auf die Anfänge menschlicher Kultur. Eine höhere Kulturstufe stellt der Tempel der Naturgöttin Diana (seit 1877 Carl-Maria-von-Weber-Tempel) dar, der durch sein Tuffsteinmaterial aber noch unfertig wirkt. Die höchste Kulturstufen und Ziel der Lebensreise symbolisiert der mit sorgfältig behauenen Sandsteinsäulen durchgestaltete ionische Rundtempel als Ort der Weisheit und Erfüllung. Der antike Bautypus, der in der römischen Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts die Sehnsucht nach Arkadien ausdrückt, war ein charakteristisches Element des klassischen Landschaftsgartens. Verloren sind das reetgedeckte Bootshaus und der reetgedeckte Eiskeller am östlichen Seeufer, die in diesem Zusammenhang das schlichte ländliche Bauen darstellten (sie wichen den Bauten der Eutiner Sommerspiele). Auch die weissen Holzbrücken bilden in Konstruktion und Gestaltung die kulturelle Entwicklung ab.

Im Norden der Anlage befindet sich der Schlossbereich. Dazu gehören der Nordgarten (heute Parkplatz), die Schlossgräben und die Lindenallee über dem Seeufer. Der Garten unmittelbar um das Schloss herum war regelmässig gestaltet und mit Figuren und Ziervasen ausgestattet. Das Schloss ist nicht nur Mittelpunkt dieses Bereichs, sondern wichtiger Blickpunkt für den Garten insgesamt: Immer wieder erscheint es am Ende von Blickachsen und in Durchblicken. Seine altertümliche Gestalt wurde als romantischer Stimmungsträger genutzt.

Das Gartengelände jenseits der Bucht des Sees war vor der Errichtung der Anlage für die Eutiner Sommerspiele die sog. Ländliche Gegend. Hier sollte im Gegensatz zum Schlossbereich durch idyllische Landschaftsgestaltung mit malerischen Gartenbildern und Ausblicken die arkadische Vorstellung vom einfachen und friedlichen Leben in der Natur vermittelt werden. Die charakteristischen Züge der umgebenden Landschaft wurden in die gartenkünstlerische Gestaltung mit einbezogen. Ihre Idealität steht in Spannung zur Realität der "Nützlichkeit" des südlich benachbarten Küchengartens. Der Küchengarten war für den Landschaftsgarten als Teil des Gesamtkonzeptes neu angelegt worden. Die Idee einer von Mauern geschützten Anlage, die vor der barocken Orangerie (erbaut 1772 durch Georg Greggenhofer) einen weiteren Ziergarten ein schloss, stellte das Verhältnis von Mikrokosmos zum Makrokosmos allegorisch dar und bereicherte zugleich die unterschiedlichen Gartenarten durch die Form des Nutzgartens. Auf den profanen Küchengarten folgt schliesslich der als begehbares klassisches Landschaftsbild mit aller künstlerischen Sorgfalt durchgestaltete weihevolle Tempelgarten mit dem ionischen Rundtempel an herausgehobener Stelle als dem inhaltlichen Höhepunkt der Gartenkonzeption.

Für das Erlebnis und Verständnis des Gartens hat die Führung und Gestaltung der Wege grösste Bedeutung. Sie erfüllen nicht nur die Aufgabe, dem Besucher das Durchqueren des Gartens zu ermöglichen, sondern sie leiten ihn von einer Gartengegend zur anderen und damit in unterschiedliche Lebenssituationen und Stimmungen. Die Hauptführung übernimmt der für einen englischen Landschaftsgarten typische Beltwalk. Er erschliesst das Gelände des Parks von der Peripherie aus (belt = Gürtel). Durch die Windungen des Weges, die Pflanzungen und die Ausnutzung des Bodenreliefs wird der Blick im Gehen auf bestimmte Gartenszenen gelenkt. Der Betrachter tritt dabei in die Bilder ein, da der Wegeverlauf für ihn nicht überschaubar ist. Auch die wahre räumliche Ausdehnung des Gartens wird ihm auf diese Weise nicht bewusst.

Von besonderer Bedeutung für das Erleben des Gartens sind zwei weitere Wegkonzepte, die Lindenallee und der "Philosophische Gang". Die 1788 gepflanzte Lindenallee erscheint für einen englischen Landschaftsgarten ungewöhnlich. Doch ist sie für das Verständnis des Eutiner Gartens von grösster Bedeutung. Im Gegensatz zu den Alleen in Barockgärten ist sie unbeschnitten und geht weder von einem Bauwerk aus, noch zielt sie auf eins, sondern sie öffnet sich im Norden auf den See und im Süden auf die Florastatue. Die Allee versinnbildlicht den Lebensweg: Die Elemente Wasser, Himmel und Erde verweisen auf die Herkunft des Menschen, die geradlinige Perspektive richtet sich auf ein Ziel.

Die Abzweigungen von der Lindenallee zum Seeufer führen auf einen schmalen Uferweg, den sog. Philosophischen-Gang. Der "Lebensweg" verläuft hier völlig anders: Der Wanderer betritt mit dem Uferpfad eine neue, unübersichtliche Welt. Der Pfad ist eng und fällt oder steigt, aber er bietet den Ausblick auf den See. Das Auf und Ab und die Windungen symbolisieren die Schwankungen, denen das Leben unterworfen ist. Das Gartenbild erweckt Assoziationen von Anfang und Ende des Lebenswegs und von einem Ziel im Jenseits.

Auf dem "Beltwalk" lässt der Wanderer die bukolische Landschaft der Empfindsamkeit und der träumerischen Assoziationen hinter sich und begegnet der Realität des Lebens in dem überschaubar umhegten Nutzgarten. Danach erst erreicht er auf langem Umwege den Höhepunkt des Gartens, den Tempelgarten, den der Rundtempel der Erkenntnis und Weisheit beherrscht. Der Rückweg führt am grossen Wasserfall vorbei. Schroffer Fels und hoher Wasserfall waren im 18. Jahrhundert Inbegriffe des Erhabenen in der Natur. Eiben auf dem künstlichen Tuffsteinfelsen verleihen dem Ort einen düsteren Charakter.

Heiko K.L. Schulze

Zitat aus: Schlösser und Gutsanlagen in Schleswig-Holstein - Kunst- und kulturgeschichtliche Streifzüge, mit Texten von Johannes Habich, Deert Lafrenz, Heiko K.L. Schulze und Lutz Wilde, 1. Aufl., Hamburg 1998, S. 156-173.