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Sanierung der Orangerie im Eutiner Schlossgarten


Inmitten des Eutiner Schlossgartens befindet sich der Küchengarten - ein durch hohe Backsteinmauern abgeschirmter Wirtschaftsgartenteil des gegen Ende des 18. Jahrhunderts umgestalteten Englischen Landschaftsgartens. Zu den beeindruckenden Gebäuden im Küchengarten gehört die Orangerie. Das Gebäude geht auf die bereits um 1740 auf dem Kupferstich erkennbare barocke Orangerie zurück. Ein Orangerie-Neubauentwurf von Hofbaumeister Georg Greggenhofer wurde hingegen nie realisiert. Die barocke Orangerie wurde 1776 bereits zu einem Comoedien-Haus umgebaut. Zeitgleich mit der Umgestaltung des Französischen Parks in einen Englischen Landschaftsgarten wird das Gebäude 1791 baulich wiederum in seine ursprüngliche Funktion zurückgeführt. Die Dissertation von Dr. Ulrich Pietsch über den Hofbaumeister Georg Greggenhofer aus dem Jahre 1977 sowie die baugeschichtliche Untersuchung von Dr. Michael Scheftel von 2005 geben näheren Aufschluss über die unterschiedlichen Bauphasen des heute als Baudenkmal eingestuften Gebäudes.
 
Das Rotsteingebäude verfügt über ein Mansarddach mit Schopf und öffnet sich traufseitig in süd-westlicher Himmelsrichtung über 7 Fensterachsen. Die Giebel im Dachgeschoss sind in Fachwerk gezimmert und ausgefacht. Die sprossengeteilte großflächige Befensterung ist öffenbar und war ursprünglich durch textile Rollos von außen abdunkelbar.
 
Der ungeteilte, fast vier Meter hohe Raum im Gebäudeinneren dient der Überwinterung empfindlicher Kübelpflanzen, unter ihnen auch Orangenbäume, die hier bei viel Licht und Temperaturen um die +10 Grad die kalte Jahreszeit verbringen. Ein frei im Raum stehendender Ofen verhindert während der Einlagerung Frostschäden für die Pflanzen; die starken Außenmauern dienen als zusätzlicher Wärmespeicher. Der rückwärtige Fachwerkanbau beherbergt Nebenräume sowie die Erschließungstreppe für den Dachraum, der nach Gisela Thietje auch als Heuboden genutzt wurde.
 
Bei einer grundlegenden Umgestaltung 1977/78 werden mit dem gesamten Dachstuhl und dem rückwärtigen Fachwerkanbau wichtige Originalbestandteile ausgetauscht und entziehen sich damit heute einer weiteren gebäudekundlichen Untersuchung. Durch den Einbau einer Wohnung im Dachgeschoss werden konstruktive Veränderungen notwendig, die den ursprünglichen Einraum im Erdgeschoss mit Stützen und Unterzügen versehen und ihn in mehrere Einzelräume unterteilen. Der Einbau von Gauben in die bislang ungestörte Dachfläche verändert zudem das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes. Den alten konstruktiven Zustand verdeutlicht heute nur noch eine Bestandszeichnung von Hermann C. B. Roese aus dem Jahr 1855.
 
Auf der Grundlage eines internationalen Wettbewerbs zur Revitalisierung des Eutiner Küchengartens, den die Bürogemeinschaft Kathrin Franz/Matthias Dreßler 2006 für sich entscheiden kann, wird im Oktober 2008 mit der Sanierung der Orangerie begonnen. Die Bauleitung vor Ort übernimmt Thomas Uhlen.
 
Die Orangerie soll nach den Vorstellungen der Stiftung Schloss Eutin als Eigentümerin nach erfolgter denkmalgerechter Sanierung wieder in ihrer ursprünglichen Funktion genutzt werden, darüber hinaus jedoch in den Sommermonaten festliche Veranstaltungen ermöglichen.
 
Eine Fotografie kurz vor der Erneuerung des alten Dachstuhls im Jahre 1978 verdeutlicht den von Hermann C. B. Roese 1855 dokumentierten Originalbestand. Erklärtes Ziel aller heute an der Sanierung Beteiligten ist eine weitgehende Rekonstruktion dieser dokumentierten Dachkonstruktion. 1791 werden zur Schaffung eines stützenfreien Raumes die Hauptbalken durch einen Überzug entlastet, der mittig über die gesamte Gebäudelänge seine Lasten auf beide Giebel überträgt. Dieses Konstruktionsprinzip wird bei der Neuerrichtung des Dachstuhls berücksichtigt.
 
Das rückseitige Fachwerk wird 1977/78 ebenfalls erneuert. Bauschäden machen heute den Abriss und den denkmalgerechten Wiederaufbau auf der Grundlage mittlerweile gefestigter Erkenntnisse über historische Fachwerkkonstruktionen notwendig.
 
Nach Abnahme des Dachstuhls sowie nach Abriss des Fachwerkanbaus Anfang November 2008 werden die Höhenangaben der Pläne mit dem historischen Befund abgeglichen und identifizierte Originalsubstanz des schlossseitigen Fachwerkgiebels und des Frontspießes zur Wiederverwendung gesichert.
 
Erst nach dem Abriss des gartenseitigen Fachwerkanbaus zeigen sich Bauschäden in der nun freistehenden rückwärtigen Orangeriemauer: Erhebliche Setzungsrisse, unterschiedliche Störungen zum Teil mit Fremdmaterialien, nachträgliche Öffnungen in der bogig verlaufenden Außenmauer machen ihre statische Sicherung sowie bauliche Ertüchtigung notwendig.
 
Nach erfolgter Stabilisierung der rückwärtigen Orangeriemauer können bereits Anfang Dezember die baulichen Voraussetzungen zur Aufnahme des neuen Dachstuhls geschaffen werden. Auf den neu aufgebrachten Ringbalken werden nunmehr die Hauptbalken sowie der in Firstrichtung verlaufende Überzug auf der dokumentierten Höhenlage von 1855 eingebracht und schließlich die einzelnen Dachgebinde mit ihren Aufschieblingen gerichtet. Mitte Dezember 2008 wird dann der schlossseitige alte Fachwerkgiebel des Krüppelwalms wieder montiert. Über die Festtage wird der neue Dachstuhl zum Schutz gegen die Witterung mit einer Plane versehen.
 
Nach dem Richtfest am 14. Januar 2009 werden die Arbeiten am Dachstuhl fortgesetzt. Die Fachwerkgiebel werden gerichtet, Grate und Walmsparren eingebaut, der Ringbalken untermauert und die Windrispen eingebaut. Je nach Witterung soll bald mit der Herstellung des Unterdaches an den Auschieblingen begonnen werden. Deckenbalkenköpfe und Unterschlagbohlen erhalten einen Buchenholzteeranstrich. Die Vorbereitungen für die Neueindeckung des gesamten Dachstuhls mit den bereits angelieferten alten Ton-S-Pfannen laufen auf Hochtouren.

Im März 2009 werden Traufen fertiggestellt und die Mansardbohlen gesetzt, der Dachstuhl verlattet und mit alten Pfannen eingedeckt. Als Gratpfannen werden eigens hergestellte Tonpfannen verwandt.

Rechtzeitig für die weiteren Arbeiten findet sich ein Foto der Orangerie aus dem Jahr 1901 an, aus dem Details der Befensterung und vor allem der Beschattungsanlagen hervorgehen. Bei den sommerlich erforderlichen Beschattungsanlagen handelte es sich um textile Rollos, die von außen an der Blockzarge mit teils noch vorhandenen Haltevorrichtungen montiert waren.
Im Gebäudeinneren wird im März 2009 die Sohle herausgenommen. Die statisch gesicherten Außenwände erhalten eine nachträgliche Horizontalisolierung. Dann wird wegen des im Winter vorherrschend hohen Grundwasserspiegels eine Flächendrainage und darauf eine neue Sohle zur Aufnahme eines Klinkerbelags eingebracht.
Ende März wird auch der Ostgiebel mit seinem segmentbogigen Sturz über dem großen Erdgeschossfenster und dem Fachwerkgiebel denkmalgerecht wiederhergestellt. Zusammen mit dem wieder eingedeckten Dachstuhl werden erste Sanierungserfolge erkennbar.

Im darauf folgenen Monat wird die bauphysikalisch notwendige Horizontalsperre in das Außenmauerwerk eingebaut. Dazu wird - bis auf die noch fragile, jedoch gesicherte nördliche Traufwand - eine Papplage oberhalb der Granitfundamentierung mit altem Steinmaterial kraftschlüssig eingemauert.

Die Rissebildung in der nördlichen Traufwand wird Anfang Mai nach erfolgter Freigabe durch den Statiker sukzessive handwerklich mit altem Steinmaterial repariert. Nachdem sich Mai und Juni als überaus trocken herausstellen und der Grundwasserspiegel sich entsprechend gesenkt hat, wird die Sohle für den rückseitigen Fachwerkanbau fertiggestellt.
  
Mitte Juli wird mit der Wiederherstellung des Sichfachwerks begonnen. Unter Verwendung der alten Konstruktionshölzer des Frontispizes enststeht das rückseitige Gesicht des Hauses.
 
Zwischenzeitlich werden die eichenen Blockzargenfenster des Hauptbaukörpers aufgearbeitet. Hierbei zeigt sich, dass schon wiederholt insbesondere an den Zargen mit mehr oder weniger handwerklichem Geschick repariert wurde und nur wenige Originalflügel erhalten sind. Auch werden neue Erkenntnissse über die Öffnungsflügel oberhalb der Kämpfer gewonnen, wonach ursprünglich nur in jeder zweiten Achse jeweils beide oberen Flügel zu einem einzigen Flügel verbunden waren. Untere Anschlusshölzer der Zargen sowie die Kämpfer sind derart zerstört, dass sie nach Befund in Eiche nachgebaut werden. Als originale Farbgebung wird nach Freilegung durch die Amtsrestauratorin des Landesamtes für Denkmalpflege ein warmer Grauton als Ursprungsbefund erkennbar.
 
Foto rechts: Blockzarge mit verfaultem unterem Teilstück und erkennbaren Vorreparaturen. Die Außensohlbank wird nach erfolgter Reparatur der Zarge mit altem Steinmaterial denkmalgerecht instandgesetzt (Foto vom 08.07.09).
 
Mitte August sind die Fensterfügel der Küchengartenseite fertiggestellt und werden vom Tischler angepasst. Durch nochmalige genaue Sichtung der verbliebenen Altfügel wurden anhand der Holzverbindungen zwei Fensterflügel als die ältesten erkannt. Sie weisen ein vergleichsweise starkes Sprossenprofil auf, das bei den neuen Flügeln übernommen wurde.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Auf der Nordseite wird das Fachwerk unter Wiederverwendung einiger Althölzer errichtet und die Gefache ausgemauert. Mitte September ist auch der mittige Fachwerkgiebel gerichtet und der Schornsteinkopf aufgemauert.
 
 
Rund um das Gebäude ist eine Drainage eingebaut worden. Da die Rückseite der Orangerie Rinnen und Fallrohre erhalten soll, sind neben der Drainage auch Regenwasserrohre und Revisionsschächte eingebaut worden.
 
 
Die Anbindung des Gebäudes an das seit 200 Jahren angewachsene umgebende Terrain bedarf einer detaillierten Planung der Landschaftsarchitektin Katrin Franz. Details hierzu werden noch im September abgestimmt.
 
  
 
Am 16.09.09 werden zur Küchengartenseite die reparierten und erneuerten Fensterflügel mit den reparierten und nachgeschmiedeten Hängen verglast mit altem Glas eingehängt. Zu ihrer Sicherheit werden die Flügel in nächster Zeit mit Hartfaserplatten vor Vandalismus geschützt.
 
 
In den kommenden Wochen werden Mauerwerksreparaturen unterhalb der Befensterung vorgenommen. Hierzu mussten spezielle Formsteine nach historischem Vorbild gebrannt werden, die mittlerweile angeliefert wurden. 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
...Über den Verlauf der Sanierung wollen wir Sie an dieser Stelle gern weiter informieren.
 
(Stand: 2023-06-20
 
 
 
Quelle: Fachdienst Regionale Planung: Denkmalpflege Ostholstein